fragile amanita meets old man of the woods
Félicia Eloise Eisenring
25. April bis 4. Mai 2014
Programm
Vernissage: Freitag, 25. April, ab 19.00 Uhr mit anschliessendem Konzert «Mnevis»
Öffnungszeiten
Do. 18-20 Uhr
Fr. 17-20 Uhr
Sa. und So. 13-16 Uhr
zur Ausstellung / Veranstaltung
In der Ausstellung «fragile amanita meets old man of the woods» verbindet Félicia Eloise Eisenring ihre neu entstandenen Zeichnungen, Fotoprints und Arbeiten aus Autolack zu einem allusiven Netz: Pilze, Uroboros und Tribals werden als Bildsymbole moderner Mythen und Märchen angeboten – Perspektiven totaler Assimilation, möglicher Gemeinschaften, autarker und netzwerkbildender Systeme.
zum Künstler, zur Künstlerin
Félicia Eloise Eisenring, geb. 2.7.1985 studiert im Master fine Arts an der ZHdK Zürich
Ausstellungskritik
Félicia Eloise Eisenring
«fragile amanita meets old man of the woods»
Ausstellung vom 25. April bis 04. Mai 2014, Ausstellungsraum eg
Von Dominika Kvetanova, 26. April 2014
Der Ausgangspunkt oder vielmehr -kreis, das unbestrittene Kraftzentrum von Félicia Eloise Eisenrings Ausstellung, ist die goldglänzende Ikone des Uroboros. Ein Name, der Verbindung schafft zu Märchengeschichten und Mythen, mit dem Glauben ans Gute, Böse und an etwas dazwischen, mit einer Welt, die uns verborgen bleibt und uns zugleich fasziniert.
Uroboros. Urozystis, Polyporus. Zugleich klingt die Bezeichnung der sich in den Schwanz beissenden Urschlange fast schon wie einer der unzähligen lateinischen Pilznamen, die dem Laien in ihrer Vielfalt ebenfalls wie ein leise und geheimnisvoll vor sich hin flüsternder Märchenwald vorkommen können. Oder erinnert sie nicht vielmehr an die klingenden Namen fremder, in den Weiten Afrikas lebender Stämme der Samburu, der Yoruba?
Die Assoziationen erscheinen uns bereits hier unendlich. Ähnlich wie die Schlange selbst drehen sich unsere Gedanken bei ihrem Anblick in einem seltsam geschlossenen Kreis, einem Kosmos, dessen Gestalten und Begriffe uns zwar bekannt vorkommen, jedoch nicht Teil unserer Welt zu sein scheinen.
Etwas Überforderung stellt sich ein.
Entsprechend schwierig gestaltet sich nun auch die Verbindung zum Hier und Jetzt der Galerie, zur Präsenz der anderen Werke, zu unserer Präsenz. Doch verändert man etwas den Blick, sucht nicht mehr verzweifelt nach einem Anfang und einem Ende des Schlangenkörpers, wie wir ihn kennen, verwandelt sich auch der Uroboros selbst. Von einer Ikone wird er zu einem fast schon greifbaren Objekt, einem Ring vielleicht, sein Kopf wird abstrakt, die Hautfalten plastisch, das Farbmuster auf dem Rücken leuchtet auf.
Die Vielfalt der Rückenlinien ist es auch, die es uns nun erlaubt, einen weiteren Schritt in den Raum zu wagen. Hier entsteht Félicias unerwartete Verbindung zwischen dem Kreuzen von Schlangen und deren Hautmuster, bis zum „Tuning“ von Objekten, Autos, Körpern als einem Akt der Kreativität, die bis ins Unnatürliche geht.
Obwohl ein solcher Kurzschluss ausgesprochen noch etwas holprig klingt, entfaltet er sich in der Visualität des Raumes, in einer mutigen Gegenüberstellung der einzelnen Werke. Das schwarze Glanzpapier, auf dem der Uroboros ruht, nimmt die glatte Oberfläche des ihm entgegengestellten Autoblechs auf. Die goldene, symbolhafte Form in dessen Mitte scheint ähnliche Geheimnisse versteckt zu halten wie das aus dessen Ursprungszusammenhang gerissene Tribal.
Spiegelung und Wiederholung dürften hier, womöglich auch unbewusst, mit im Raum zu schwingen. Die Schlange, ein perfekter Zirkel, hat keinen Anfang und kein Ende; die Tribals werden vervielfacht und bilden neue, symmetrische Muster. Das Spiegelbild des Betrachters, der sich selbst in die Lackschicht hineingezogen sehen kann, soll hier weniger zum Thema gemacht werden. Sondern vielmehr die Spiegelung des Dargestellten in sich selbst oder die gegenseitige Reflexion der Werke, die sich untereinander zu unterhalten, zu verständigen scheinen.
Die Ausgangsidee des „Tunen“, ein der Kunstwelt eigentlich so fremder Begriff, scheint auch während des Aufbaus der Ausstelung, in Félicias Abwägen, Zögern und Experimentieren mit der Hängung präsent zu sein. Der Raum mitten im Arbeitsprozess könnte genauso gut einer Autogarage oder -werkstatt wie einem Künstleratelier gleichen. Die Stücke liegen oder stehen, hängen oder lösen sich von ihrem provisorischen Ort an der Wand. Fehler passieren, werden behoben – oder eben nicht. Das Handwerk, das Material und die Methode, machen sich unmissverständlich bemerkbar. Es wird nicht bloss beobachtet, sondern geschnitten, neu zusammengesetzt und beinahe etwas naiv, akribisch, Schritt für Schritt und Faser für Faser gezeichnet.
Die fast schon obszön glänzenden Bleche ragen dabei dank ihrer geknickten Plastizität als scheinbare Fremdkörper in die sonst hell gekleidete, mit feinen Pilzgewächsen bespielte Galerie. Und dennoch ist spürbar, dass hier etwas Ganzes entsteht – Bewegungen, Begegnungen füllen den Raum. „fragile amanita meets old man of the woods“ – eine beinahe schon unheimliche (Pilz-)Begegnung der anderen Art scheint schon im Titel angelegt zu sein. Ursprünglich tatsächlich aus der Natur stammende Lebensformen schweben hier fein gezeichnet im Ausstellungsraum, treffen aufeinander und fliessen ineinander über, ohne ihren wahren Daseinsgrund, ihre Absicht zu offenbaren. Wollen sie so abstrakt, wollen sie dekorativ, wollen sie schön sein? Weder noch?
Wollen sie einfach wachsen, sich entfalten?
Auch hier dürfte in unserem Blick die Angst vor dem Unbekannten, Andersartigen, Fremden mitschwingen. Vor dem Hybriden, das zwar vertraute, zum Teil sogar menschliche Formen erkennen lässt, diese aber bis zur Unkenntlichkeit verzerrt. Sich das Bestehende aneignet, um Neues zu schaffen, Kontexte auszublenden, Denkmuster gegen sich selbst zu wenden.
Die Schlange wird zum goldglänzenden Objekt der Begierde, der Anbetung, der Ehrfurcht – körperlich und zugleich spirituell. Die Tribals hingegen werden ihrer Körper beraubt und beanspruchen durch einen reinen Selbstverweis einen Kunststatus. Die Pilzformen, in ihrer Isolation auf dem Papier, aber auch in den Beziehungen, Netzen, symbiotischen oder sogar parasitischen Abhängigkeiten, die sie sich schaffen, mutieren zu Individuen. Und lösen sich zugleich beinahe schon auf in ihrer Körperlichkeit; hin zu Mustern und Gebilden, die eher aus Wechselwirkungen, verwobenen Fäden, sorgfältig gezogenen Bleistiftlinien bestehen.
Während alle im Raum anwesenden Formen direkte Inspiration in der Natur oder im bereits Vorhandenen finden, ist der Blick der Künstlerin anders. Er gehört der Begegnung, dem Gespräch, der etwas andersartigen Kommunikation an. Er ist einer des Mikroskops, das aber nicht aus wissenschaftlicher Neugier gezielt und zentriert auf das Objekt gerichtet ist, sondern einen etwas verschobenen Blickwinkel eingenommen hat; der sich erst suchend, tastend und fragend an das Gesehene annähert. Und der das Erkennen dessen beinahe unendlichen Potenzials möglich macht: Denn es ist alles bereits Kunst, es ist alles bereits da.
© Dominika Kvetanova
Ausstellungskritik von Dominika Kvetanova zu «fragile amanita meets old man of the woods» (PDF)
Bilder zur Ausstellung
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