«step by step»
Nicole A. Wietlisbach
7. Juni bis 23 Juni 2013 VERLÄNGERT
Programm
Vernissage 7. Juni, 19 Uhr
ab 20.00 Uhr Konzert «Johnny Chronicle & the Critical V»
Öffnungszeiten
Do. 18-22 Uhr
Fr. 17-22 Uhr
Sa. und So. 13-16 Uhr
zur Ausstellung / Veranstaltung
Für die «eg»-Eröffnung haben wir die Basler Künstlerin Nicole A. Wietlisbach eingeladen ihre Werke zu präsentieren. Nur soviel wird vorläufig gesagt: Wietlisbach zeigt Fotografien und Sound. Ihr CV könnt ihr auf dieser Seite einsehen. Das «eg» behält sich vor einen Werbe- oder Pressetext der Ausstellung zu verfassen und möchte so gleich das Wort den eingeladenen Schreibenden überlassen. Der kritische Ausstellungsbericht zu «step by step» ist seit 8. Juni 2013 online (scroll down).
zum Künstler, zur Künstlerin
Ausstellungskritik
Nicole A. Wietlisbach
«step by step»
Ausstellung vom 7. bis 16. Juni 2013, Eröffnung Ausstellungsraum „eg“
Von ANDREA JULIA STEFANONI, 08.06.2013
Geräuschvoll dreht sich die Schraube in den Dübel der noch leeren Wand, als ich die junge Künstlerin Nicole Wietlisbach, mit einer schweren Bohrmaschine in der Hand, antreffe. Die Schraube bricht ab, bleibt in der Wand stecken. Egal, zweiter Versuch. Sie bleibt ruhig und konzentriert, keine Anzeichen von Hektik, obwohl in zwei Tagen die Vernissage ihrer ersten Einzelausstellung step by step im „eg“ des Kunstraums Aarau stattfindet. Ruhe und Konzentration zieht sich auch wie ein roter Faden durch ihre Werke.
Im Eingangsbereich der Ausstellung zieht ein fest montierter Feldstecher die Aufmerksamkeit auf sich. Er starrt durch die Glasscheiben hinaus in die Gasse, woher man gerade eingetreten ist. Was soll denn da zu sehen sein? Man kann nicht anders, als sich zu bücken und durch die zwei dunklen Feldstecheraugen zu blicken. Welch schöne Überraschung! Dem Betrachter präsentieren sich saftiggrüne Blätter der Baumlandschaft des Aargauer Umlandes. Das unerwartete Naturbild ist der Blick aus dem Ochsengässli, den die Künstlerin mit einer einfallsreichen Spiegelreflexion in den Ausstellungsraum holt. Warum Nicole Wietlisbach den Blick ins Grüne und nicht auf die geschäftige Innenstadt Aaraus richtet, war eine intuitive Entscheidung. Ihre Intuition hilft ihr auch dabei, zu erkennen, wann ein Werk stimmig und abgeschlossen ist. In solch einem Moment sind Inhalt und Ästhetik auf einen Nenner gebracht. Klingt einfach, doch Wietlisbach lässt sich dafür viel Zeit und verfolgt die Suche sehr präzise. Skizzen über Skizzen, Diskussionen, Abbrüche und Versuche, bis ein Fundament zu einem interessanten Ziel gelegt ist.
Den Grossteil der Ausstellung füllen vier grossformatige Fotografien. Der erste Eindruck, es handle sich dabei um Nahaufnahmen von Badeschaum, täuscht. Tatsächlich sind es Makroaufnahmen von industriellem Bauschaum, wie man ihn zum Isolieren oder Füllen auf dem Bau braucht. Scharfkantige Blasen ketten sich vor dunklem Hintergrund dicht aneinander, bilden Formen und Muster. Die Masse scheint sich zu bewegen, so, als würde sie weiterwachsen, man glaubt ein Knistern und Blubbern zu hören. Man kann ihrem Treiben lange folgen, wenn man geduldig genug ist. Ein organischer Blasenkosmos, sanft und schön, mancherorts mit einer Farbenpracht, wie sie auch bei Seifenblasen zu sehen ist. Man fragt sich: Kann Isoliermaterial tatsächlich so schön aussehen?
Für den letzten Schritt der step by step-Ausstellung tritt man durch eine Türöffnung in einen kleinen, fensterlosen Raum, mit einer eigenen Atmosphäre. An jeder Wand sind Klangobjekte befestigt, wie die Künstlerin, die fünf Polaroid-Fotos und die zu jedem Foto selbst komponierten und gespielten Musik-Loops, bezeichnet. Vor allem die Musikklänge bringen den Betrachter in eine angenehme Versenkung. Die farbigen Polaroids zeigen verwunschene Landschaften, man glaubt ein Gebäude oder einen Fensterausblick zu erkennen. Besondere Orte, die der Künstlerin vertraut und ihr mit einem bestimmten Gefühl stark in Erinnerung sind. Die erste Assoziation beim Betrachten der Polaroids: Instagram, Hipstamatic, Photoshop. Doch weit gefehlt. Die Bilder haben ihre mystische Wirkung dank dem Zahn der Zeit selbst hervorgebracht und ganz ohne künstliche Verfremdungseffekte.
Die Wirkung der Ausstellung entfaltet sich im Zusammenspiel der einzelnen Werke. Die Künstlerin führt den Betrachter mit dem Blick durch den Feldstecher aus der bewegten Stadt in die Natur. Mittels der Makrofotografie ermöglicht sie den genauen Blick in die Dinge hinein und eröffnet damit ihre Schönheit. Durch die Klangobjekte wird das Wahrnehmen der eigenen Gefühlswelt angerührt.
Der Betrachtende muss offen bleiben und sich berühren lassen, weil die Werke von Nicole Wietlisbach mit dem genauen Hinschauen arbeiten und nicht den Anspruch haben, zu polarisieren. Mit der Hingabe an die Betrachtung ihrer Werker wird die Konzentration gebündelt und es stellt sich Ruhe ein.
Text © Andrea Stefanoni
Ausstellungskritik von Andrea Julia Stefanoni (PDF)
Bilder zur Ausstellung
Vernissage step by step